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64. Bundeskongress 2022 - Videomitschnitt Round Table Klinik

Die Podiumsdiskussion im Rahmen des VDD-Kongresses steht nun in einem ca. 15-minütigen Video zur Verfügung. Verfolgen Sie die aktuelle Diskussion der Beteiligten zur „Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen in der Ernährungstherapie in der Klinik".

Während des VDD-Bundeskongresses 2022 wurde während eines Round Table die Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen in Sachen Ernährungstherapie in der Klinik diskutiert. Da sei noch manches im Argen, befand Dr. Dieter Klein, Ernährungsmediziner, Diabetologe und Internist des Sana Klinikums Offenbach. Leider verteilten sich die verschiedenen Aufgaben auf die Professionen und oft sei keiner so richtig verantwortlich. Wesentlich sei ein zentrales Ernährungsteam in der Klinik, das die Steuerung der Ernährungstherapie übernehme und die Übersicht habe. Das gebe es leider noch viel zu selten. „Das ist ein hochspezialisierter Bereich und sollte ähnlich wie eine Röntgenabteilung für die gesamte Einrichtung zuständig sein. Wohlgemerkt: Wir reden von Ernährungstherapie und Ernährungsmedizin, nicht von Ernährungsprävention!”, so Klein.

Daniela Schweikert, Diätassistentin und Leiterin des Ernährungsteams der Uniklinik Tübingen, pflichtete bei und stellte fest, dass es derzeit noch Glückssache sei, ob Betroffene eine gute Ernährungstherapie erhalten. Sie sagte weiter: „Leider gibt es auch viele Ärzte, die das Problem nicht erkennen. Wichtig wären einheitliche und verbindliche Prozesse.” Sie forderte ein verpflichtendes Ernährungsscreening und daraus folgend ein Ernährungsassessment, das von einem Ernährungsteam koordiniert und durchgeführt wird.

Regina Thorsteinsson, Pflegeexpertin Ernährungsmanagement an den Kreiskliniken Reutlingen, sagte, die Pflegekräfte müssten gut dafür geschult werden. Sie seien diejenigen, die am ehesten mitbekommen und an Arzt und Ernährungsteam weitergeben könnten, ob der Patient gegessen hat, ob er Gewicht verloren hat oder etwas anderes nicht stimmt. Hier komme die Interprofessionalität zum Tragen.

Dass nicht alles nur eine Frage des Geldes ist, betonte David-Ruben Thies, Geschäftsführer der Waldklinik Eisenberg GmbH. Wo ein Wille, sei auch ein Weg. Es gelte, alle Informationen zum Ernährungszustand eines Patienten zusammenzutragen und zu berücksichtigen, auch beispielsweise bereits die Informationen, die vom Hausarzt übermittelt werden. „Es darf nicht erst nach vier Tagen Krankenhausaufenthalt auffallen, dass etwas nicht in Ordnung ist”, sagte er. Aus seiner Sicht habe vielfach die Defragmentierung in den Krankenhäusern zu diesem unsäglichen Zustand geführt. Das gelte es zu beenden, indem die einzelnen Abteilungen besser zusammenarbeiten und nach Möglichkeit auch die Küche im Haus bleibe und nicht outgesourct werden.

Doch eine externe Küche führt nicht per se zur Verschärfung des Problems, das betonte Diätassistentin Mirke Urbanski-Winkelmann, Leiterin einer zentralen Großküche, die bis zu 6.000 Essen täglich fertigt. Anhand von Bildern könne man Patienten das Essen durchaus schmackhaft machen. Hier werde vielfach auch mit Katalogen und definierten Kostformen gearbeitet. Es komme auf ein gutes Schnittstellenmanagement an. Auch das  Geld spiele eine Rolle, dafür müsse es eine Untergrenze geben. Für Tütensuppen oder Sandwiches brauche man letztlich kein Verpflegungsmanagement.

Lydia Lambert (Bereich Homecare) betonte die Bedeutung einer guten Überleitung nach dem Klinikaufenthalt; auch dafür sei ein gutes Ernährungsassessment und eine adäquate Ernährungstherapie vonnöten.

Diskutiert wurde von den Podiumsbeteiligten insbesondere auch, inwieweit eine möglichst kurze Verweildauer im Krankenhaus dazu beiträgt, sich von der Verantwortung für eine Ernährungstherapie freizusprechen. VDD-Präsidentin Uta Köpcke wies darauf hin, dass viele Patienten immer wieder kämen und man natürlich anhand der Patientenakte den Ernährungszustand und -verlauf beurteilen können muss. Die Haltung vieler Krankenhausverwaltungen Ernährungstherapie sein Kür – „Diesen Glitzer können wir uns bei dem Kostendruck nicht leisten” – spiegele, dass hier ein Ansatz zum Sparen gesehen werde. Der langfristige Nutzen einer Ernährungstherapie werde völlig unterschlagen.

Einig waren sich die Diskutanten darin, dass die Ernährungstherapie endlich erlösrelevant werden muss; bisher ist das weder über die DRGs noch über die ernährungsmedizinische Komplexbehandlung finanziell abbildbar. Die unzureichende Finanzierung der Ernährungstherapie betrifft auch den ambulanten Bereich, wobei über die Verordnung häufig zumindest eine Zuzahlung von den gesetzlichen Krankenkassen gewährt wird. Doch besteht diesbezüglich weiterhin viel Informationsbedarf bei niedergelassenen Ärzten.

Eine Stimme aus dem Chat thematisierte die Rahmenbedingungen: „Wann versteht die Politik, dass Ernährungstherapie ein Teil der Therapie ist?” Ernährungsmediziner Klein sah kleine Verbesserungen, weil die Ernährungstherapie mittlerweile Bestandteil der Zertifizierung der Onkologie geworden sei und die Krankenhäuser daran nicht mehr vorbeikämen. Immerhin, aber das strukturelle Problem bleibe, so der Arzt. MdB Bettina Müller ermunterte den VDD und die anderen Verbände, nicht nachzulassen und das Thema auch immer wieder der Politik anzutragen. Es sind dicke Bretter, die es zu bohren gilt.

Den zusammenfassenden Mitschnitt finden Sie hier: https://youtu.be/G3ZsxumOMrY

Ernährungstherapie in der Klinik

Die VDD Berufsfeldanalyse 2020 zeigt,

  • dass die Klinik das größte Tätigkeitsfeld von Diätassistenten ist. 
  • Die individuelle Ernährungstherapie und 
  • das Verpflegungsmanagement sind die beiden großen Einsatzgebiete von Diätassistenten

Die Ausgliederung der Versorgungseinheiten und schlechte Arbeitsbedingungen für Diätassistenten, sowie die fehlende finanzielle Abbildbarkeit der Ernährungstherapie im DRG-System (Diagnosis-Related Groups, auch Fallpauschale genannt) führen dazu, dass die Berufsgruppe der Diätassistenten im Krankenhaus mangelhaft verankert ist.

Der VDD setzt sich bereits seit Langem dafür ein, dass eine adäquate ernährungstherapeutische Patientenversorgung im klinischen Bereich sichergestellt sein muss.
Unter anderem ist der VDD seit Jahren Mitglied in der Arbeitsgruppe Medizinialfachberufe (AG MFA)

Positionspapier zur Krankenhausfinanzierung stellt konkrete Forderungen an die Politik: Versorgungsqualität steigern und Finanzierungsmodell anpassen!

Gemeinsam mit Verbänden der AG MFA stellt der VDD mit diesem Positionspapier die Situation der Gesundheits- und Therapieberufe im stationären Bereich dar. 

Für eine sichere und nachhaltige stationäre Patientenversorgung fordern die Verbände:

  • Eine grundlegende Revision des Krankenhausfinanzierungssystems und Beteiligung der Berufsgruppen an dessen Gestaltung.
  • Ein Selbstkostendeckungsprinzip, das eine bedarfsgerechte Krankenhausversorgung sichert.
  • Die Berücksichtigung aller Berufsgruppen und deren Beteiligung an einer komplexen Patientenversorgung im Sinne der Qualitätssicherung, der Sicherung der fachlichen Expertise sowie der leitliniengerechten Patientenversorgung.
  • Sachgerechte und nachvollziehbare Instrumente der Personalbemessung für alle beteiligten Berufsgruppen und Einbringung unserer Expertise in diesen Prozess.
  • Rahmenbedingungen für leitliniengerechte und evidenzbasierte Versorgung.