Stellungnahme des Verbandes der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband e.V. (VDD) zur Diskussion um neue Tätigkeitsbezeichnungen in der Adipositastherapie
Qualifizierte Ernährungstherapie in der Adipositastherapie ist unabdingbar: Weitere Zusatzbezeichnungen sind nicht zielführend!
Adipositas ist eine multifaktorielle chronische Erkrankung mit hoher Rezidivneigung. Um diese Erkrankung strukturiert behandeln zu können, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Juli 2024 die Möglichkeit eines DMP Adipositas geschaffen. Dessen Implementierung verbinden sowohl Betroffene als auch Behandelnde mit der Hoffnung auf eine leitliniengerechte Patientenversorgung, die im Rahmen der Regelversorgung als umfassende interdisziplinäre konservative Adipositastherapie zu leisten ist. Allerdings fehlen bislang, wie von Fach-und Berufsverbänden (BDEM, DAG, DAEM, DDG, DGEM, VDD, VDOE, VFED) sowie Patientenvertretern angemahnt, die gesetzlich notwendigen Neuregelungen für die Erstattungsfähigkeit wesentlicher Therapiebausteine: Zu diesen zählen die Ernährungsberatung, die psychologische Begleittherapie, die medikamentöse Therapie und die Nachsorge nach metabolisch-bariatrischen Operationen. Bedauerlicherweise gibt es trotz der neuen Möglichkeiten bisher keine abgeschlossenen Verträge zum DMP Adipositas zwischen Krankenkassen und Hausärzten.
Unabhängig davon, ob es sich um eine konservative, medikamentöse oder bariatrische Therapie handelt: Die Ernährungstherapie ist immer grundlegender Bestandteil der Behandlung.
Für ein erfolgreiches Gewichtsmanagement müssen die Therapieziele gemäß S3-Leitlinie Adipositas zwingend an die individuellen Gegebenheiten angepasst werden. Eine Ernährungstherapie muss daher patientenzentriert sein: Das heißt, die Ernährungsempfehlungen müssen auf die Ernährungsgewohnheiten der Betroffenen zugeschnitten sein und realistische Umsetzungsmöglichkeiten bieten. Qualifizierte Ernährungsfachkräfte arbeiten eng mit ihren Patienten zusammen; diese sollen befähigt werden, aus einer Vielzahl von Optionen die für sie passende Ernährungsstrategie zur Gewichtsreduktion selbst auszuwählen.
Im Unterschied dazu sind Schulungen in erster Linie ein zielorientierter, didaktisch vorgegebener Prozess, dessen Schwerpunkt auf dem Wissens- und Kompetenzerwerb liegt.
Die Berufsgruppe der Diätassistentinnen und Diätassistenten ist als einzige Berufsgruppe explizit für die eigenverantwortliche Durchführung von Ernährungstherapie ausgebildet. Das ist durch das Diätassistenten-Gesetz (DiätAssG) rechtlich eindeutig geregelt.
Im Rahmen der Ausbildung nimmt das Thema Adipositas sowohl theoretisch als auch praktisch viel Raum ein. Zum beruflichen Standard gehören
- ernährungswissenschaftliche und medizinische Grundlagen,
- Interventionen zur Verhaltensmotivation
- sowie das Grundverständnis des prozessgeleiteten Arbeitens nach dem German-Nutrition Care Prozess (G-NCP) -Modell.
Diätassistenten verfügen daher bereits durch ihre Ausbildung über eine solide Grundkompetenz in der Adipositastherapie.
Regelmäßige Fortbildungsangebote des VDD ermöglichen es, fachlich immer auf dem neuesten Stand zu sein. Dazu zählen der jährlich stattfindende VDD-Bundeskongress sowie wissenschaftliche Fachartikel in der Verbandszeitschrift Diät und Information (D+I). Diätassistenten, die sich auf die Adipositastherapie spezialisieren, werden seit Jahren im VDD-Z-Kurs Adipositas vertiefend qualifiziert. Der Kurs unter der Leitung von Dr. Lars Selig, Mitglied der Leitliniengruppe zur S3- Leitlinie „Prävention und Therapie der Adipositas“, ist exakt auf die Arbeit dieser Ernährungstherapeuten zugeschnitten.
Der Zertifikatskurs beinhaltet mehr als 70 Unterrichtseinheiten, eine Hausarbeit mit Präsentation und eine Abschlussprüfung. Alle Referenten arbeiten im Therapiefeld Adipositas und liefern neben ihrer Fachkompetenz enormen Praxisinput und Erfahrungen im Umgang mit der Patientengruppe.
Diätassistenten verfügen daher über die geforderte fachliche Kompetenz und die Voraussetzungen für den Bereich Ernährung sowohl im Rahmen der multiprofessionellen Schulungsprogramme als auch im Rahmen der individuellen Ernährungstherapie. Für die Übernahme von (Teil)-Kosten durch die Krankenkassen ist diese Berufsgruppe daher explizit als Leistungserbringer vorgesehen.
Zusätzliche Fortbildungen im Bereich Adipositas, die insbesondere Ärzten und deren Mitarbeitern den aktuellen Stand der multimodalen Adipositastherapie vermitteln, sind auch für andere Berufsgruppen wie Psychologen, Pharmakologen, Sporttherapeuten oder Diabetesberater geöffnet.
Die Frage, ob diese Angebote auch für Diätassistenten sinnvoll sind, wurde vermehrt an uns als Berufsverband herangetragen. Damit verbunden ist auch die Frage, ob es sich eventuell um eine notwenige Weiterbildung handelt, die für das zukünftige DMP Adipositas als abrechnungsrelevant gilt oder gelten soll. Im Raum stehen Bezeichnungen wie Adipositasberater, Adiposiologe oder Adipologe.
Dies ist jedoch nicht der Fall, sondern es handelt sich lediglich um Fortbildungsangebote für verschiedene Berufsgruppen, die sich intensiver mit der Adipositasbehandlung beschäftigen wollen.
Im Gegensatz zu bewährten strukturierten Weiterbildungen (zum Beispiel zum AGA-Adipositastrainer) mit einheitlichem Curriculum für alle Berufsgruppen und Schwerpunktsetzung auf multimodale Zusammenarbeit in Einrichtungen für Adipositastherapie unterscheiden die neuen Angebote zwischen Akademiker und Nichtakademiker; das jedoch wird weniger durch inhaltliche Unterschiede als durch die Bezeichnung kenntlich gemacht.
Ob dies passende Fortbildungsangebote für Diätassistenten sind, muss jeder für sich entscheiden. Notwendig für anerkannte multimodale Therapieangebote oder das DMP Adipositas sind sie nicht. Hier zählt die fachspezifische Expertise. Für Betroffene ist in jedem Fall weniger entscheidend, ob jemand akademisch ausgebildet ist oder nicht, sondern ob diese Person neben ihrer beruflichen Expertise aktuelle, vertiefende und praktische Kenntnisse in der Zusammenarbeit mit Patienten mit Adipositas hat.
Eine einheitliche Bezeichnung, ob es nun Adiposiologe, Adipologe oder Adipositasberater ist, gibt letztlich keinen Hinweis darauf, welchen Therapiebaustein man beherrscht.
Iris Flöhrmann, Uta Köpcke, Dr. Lars Selig
Präsidium des Verbandes der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband e.V. (VDD)
Ansprechpartnerin für die Presse
Uta Köpcke | Präsidentin VDD e.V.
President of the German Association of Dietitians
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